Tamilischer Mittagstisch

Jeden Donnerstag von 12:00–13:00 Uhr

Um Anmeldung wird gebeten.
Dadurch können wir besser planen und unser Bestreben gegen food waste nachhaltig umsetzen. Besten Dank!
Reni Müller, 078 791 93 05 oder reni.mueller@gmx.net

Geschlossen ist der Treff während den Berner Schulferien.


Preiseliste ab 1. Januar 2022

Erwachsene/Jugendliche: CHF 12
Kinder unter 10 Jahren: CHF 5

  • Wir achten stets auf saisongerechte Gemüse.

    Am ersten Donnerstag im Monat servieren wir Buriani (die wohlbekannten Nüdelis), die bei Kindern wie auch Erwachsenen ein Highlight darstellen.

    Einmal monatlich kochen wir vegetarisch. Da in Sri Lanka aus religiösen Gründen oft vegetarisch gegessen wird, ist es kein Problem solche Menüs anzubieten.

    Auch Menschen mit Gluten-Intoleranz können bei uns ein Menü zusammenstellen. An jenen Tagen, wo Mehlspeisen serviert werden, offerieren wir zusätzlich Reis.

    Ein typisches tamilisches Fleischmenü besteht aus:
 Reis, Fleischcurry (oft Poulet), Gemüse (saisonal), teilweise Linsen (Dhal) und Salat

    Wichtig ist uns auch, dass ein wunderschönes Farbenspiel auf das Teller gezaubert wird.

  • Bereits seit dem 7. November 1985 existiert der Tamilentreff im Kirchgemeindehaus Schosshalde. Jeden Donnerstag kocht eine Gruppe von Tamilen. Es ist ein Treffpunkt für viele Quartierbewohnerinnen jeden Alters, von Kindern, Jugendlichen, Auszubildenden und Menschen aus den umliegenden Büros.

    Der multikulturelle Mittagstisch wurde ins Leben gerufen, um die tamilischen Flüchtlinge von der Strasse zu holen, damals untergebracht in Zivilschutzzentren, die ja bekanntlich nicht sehr einladend sind. Die dunkelhäutigen Menschen trafen sich auf dem Bahnhofplatz, was viele Bürger irritierte und ihnen fremd war. Da entschied man sich, ihnen während des Tages Räumlichkeiten anzubieten, in welchen sie ihre Zeit verbringen konnten. Am Anfang war das Kirchgemeindehaus von 9:30 bis 21:30 Uhr offen. Viele Freiwillige aus dem Quartier teilten sich die Betreuung der Flüchtlinge. Bald einmal entstand daraus ein Mittagstisch, wo zwischen 80–100 tamilische Menüs gekocht wurden. Im Laufe der Zeit gab es Veränderungen, die Tamilen bezogen ihre eigene Wohnung und begannen zu arbeiten. Doch der Mittagstisch und Treff blieb ein Bedürfnis und existiert bis heute. Dies zur Freude von allen Beteiligten.

    Zurzeit arbeiten rund 10 tamilische Frauen und Männer wie auch 9 freiwillige Betreuerinnen mit. Wir sind stets bemüht, selbsttragend zu arbeiten.

    Spenden sind stets herzlich willkommen, da wir wie andere freiwillige Projekte ums Weiterbestehen kämpfen.

    Das Menü wird immer in Zusammenarbeit mit unserem Chefkoch Rajah besprochen. Der Einkauf ist Sache der Betreuerinnen.

    Der Treff ist neu nur noch jeden Donnerstag während den Schulzeiten geöffnet.

  • Tamilischer Mittagstisch KGH Schosshalde
    Klaus Widmer, Januar 2013

    Als Mitte der 80-er Jahre die erste Welle tamilischer Flüchtlinge die Schweiz erreichte, besuchte ich die Sekundarschule Laubegg und wohnte mit meiner Familie in der Schosshalde. Da männliche, jugendliche Tamilen in Sri Lanka als potentielle Widerstandskämpfer galten, wurden sie von der singhalesischen Armee systematisch verfolgt. Tamilische Eltern schickten ihre Söhne nach Europa, um sie nicht als Kriegsopfer zu verlieren.

    Das Kirchgemeindehaus Schosshalde liegt nur einen Steinwurf von der Sek Laubegg entfernt. Meine Brüder und ich erfuhren rasch vom Projekt und nahmen - wie auch viele Schulkolleg*innen und Freund*innen - das Angebot von Beginn an und über lange Zeit hinweg wahr. Der “Tamilentreff” wurde für mehr als zwanzig Jahre zu einem Fixpunkt in meiner Agenda. Der grosse Saal des Kirchgemeindehauses war am Donnerstagmittag Woche für Woche gut besucht, phasenweise platzte er aus allen Nähten. Vreni Moor und Anita Gerber, die beiden Initiantinnen des Mittagstischs, schufen so eine unkomplizierte und natürliche Begegnungsmöglichkeit für Mitesser*innen jeglicher Couleur.

    Mit dem tamilischen Mittagstisch wirken Vreni Moor und Anita Gerber seit nun seit 28 Jahren der eigentlichen Ursache von Fremdenfeindlichkeit auf wirksamste Weise entgegen. Die diffuse Angst vor Fremden ist in meiner Optik weitgehend auf Erfahrungs-, Begegnungs- und Erlebnisdefizite mit “Fremden” zurückzuführen. Wer die Gelegenheit wahrnimmt, mit ihnen in Kontakt zu treten staunt, wie schnell sich Vorbehalte verflüchtigen und wie rasch Skepsis zu “Gwunder” wird. Und wie spannend und bereichernd es zudem für alle Beteiligten ist, sich mit einem Gegenüber aus einem komplett anderen Kulturkreis auseinanderzusetzen - und sei es auch nur beim Zmittag.

    Gleichzeitig wird aber der sozialpädagogische oder interkulturelle Aspekt des Mittagstischs durch die Initiantinnen nicht überstrapaziert. Es ist den Gästen überlassen, ob sie den Kontakt zu den ImmigrantInnen suchen oder ob sie einfach nur gut essen wollen. Viele Gäste kommen aus den umliegenden Büros und nutzen den Mittagstisch auch aus Zeitgründen als eigentlichen Businesslunch. Auch in diesem Fall kann der Besuch aber als Sympathie- und Solidaritätsbekundung gewertet werden.

    Die Skepsis in der Schweizer Bevölkerung gegenüber den dunkelhäutigen “Fremden” war bereits im Gründungsjahr des Mittagstischs (1985) gut wahrnehmbar. Auch kam es relativ rasch zu tamilenfeindlichen Strömungen mit entsprechenden Äusserungen und Sprüchen. Für mich selbst stellte der Mittagstisch die erste Möglichkeit zur direkten Konfrontation mit Migration, Flucht, aber auch mit der Kultur und den Menschen des indischen Subkontinents, sogar mit Asien überhaupt dar.

    In die öffentliche Diskussion zu Flüchtlingsfragen brachte sich auch die reformierte Kirche ein. Die Kirchgemeinde Nydegg galt als besonders aktiv: Auf politischer Ebene beteiligte sie sich mit

    Erfolg an der Verhinderung von Ausschaffungen von Tamilen indem dem bewiesen wurde, dass die sozialen Netze im Süden Sri Lankas nicht - wie von den Behörden behauptet - vorhanden sind und die Zurückgewiesenen somit nach einer Rückkehr nicht sicher sind. Im Rahmen von Gottesdiensten wurden Kirchengänger*innen für Flüchtlingsfragen sensibilisiert. Es wurden Zufluchtsorte für Flüchtige geschaffen, sogar die Nydeggkirche selbst wurde temporär zu einem solchen. Verschiedene Familien aus der Gemeinde nahmen Flüchtlinge bei sich auf, gaben diesen ein Zuhause und verhinderten so die kurzfristige Ausschaffung.

    Das Engagement der Nydegg für tamilische Flüchtlinge und die Entstehung des tamilischen Mittagstischs im Kirchgemeindehaus Schosshalde fielen mit einer für Bern in verschiedener Hinsicht bewegten Zeit zusammen. Im Herbst 1987 wurde das Hüttendorf Zaffaraya geräumt. Dies führte in der Schweizer Bundesstadt zu nie dagewesenen Protesten friedlicher und militanter Art. Es folgte die Besetzung der Reitschule. Für uns adoleszente Jugendliche war es in diesem Umfeld völlig undenkbar, sich dem gesellschaftlichen Diskurs zu entziehen - und wir wurden durch diese Ereignisse auch politisiert.

    Einige Persönlichkeiten aus dem Umfeld der Nydegg engagierten und exponierten sich stark und äusserten sich sowohl in der Kirchgemeinde als auch auf politischer Ebene pointiert zu Flüchtlings- und Jugendfragen, wenn diese die Aufgaben der Kirche tangierten. Zu ihnen zählten neben den Familien von Vreni Moor und Anita Gerber auch amtierende oder ehemalige Pfarrer und ihre Ehefrauen wie Klaus und Ursula Bäumlin, Hansruedi und Marianne Lavater, Eric und Elsbeth Münch sowie Kurt und Hanni Marti-Morgenthaler, Theo und Elisabeth Brüggemann. Marianne Lavater und Hanni Marti-Morgenthaler und Elisabeth Brüggemann halfen im Tamilentreff aktiv mit und waren regelmässig dort anzutreffen.

    Theo Brüggemann, ehemaliger Nydegg-Kirchgemeinderatspräsident und Direktor des Seminar Muristalden, welches ich zwischen 1987 und 1992 besuchte, nahm ebenfalls öffentlich Stellung zu den aktuellen Fragen. Dieses Engagement führte mitunter dazu, dass der Muristalden mehrmals aufgrund von Bombendrohungen geräumt werden musste. Weitere Personen aus dem Umfeld der Kirchgemeinde Nydegg hatten sich aufgrund Ihres Engagements vor Gericht zu verantworten.

    Ich war erstaunt, mit welcher Selbstverständlichkeit und Konsequenz hier Kirche plötzlich aktiv wurde und ihre Grundwerte mit Überzeugung verteidigte - auch wenn diese nicht immer vollständig kongruent waren mit geltendem Recht. Bis dahin hätte ich die Aktivitäten der Kirche als eher wortreich und theoretisch beschrieben. Dieses Bild veränderte sich in den ausgehenden Achtziger Jahren stark: Mit Zivilcourage wurden Glaubensinhalte umgesetzt und damit Menschlichkeit sichtbar, die mich tief beeindruckte. Die Tat als Kind des Wortes. Ich begann, mich für die Schnittmengen zwischen politisch- und religiös motiviertem Denken und Handeln zu interessieren.

    Der Tamilentreff avancierte zu einem veritablen Treffpunkt. Bekannte aus Schule und Quartier fanden sich regelmässig im Kirchgemeindehaus ein. Für meine Mutter und meine Brüder war der Tamilentreff während vielen Jahren gar der einzige Ort, wo wir zu viert am gleichen Ort und zur gleichen Zeit zusammen assen.

    Zu Beginn kochten die tamilischen Crewmitglieder das Curry so, wie sie es von Zuhause her gewohnt waren. Ohne Eingewöhnungsphase war das für viele Mitteleuropäer aufgrund der Schärfe eine ziemliche Grenzerfahrung, weshalb man sich mit der Zeit auf einen Mittelwert einigte.

    Irgendwann gehörten wir zum Inventar und erhielten von Zeit zu Zeit ein Töpfchen mit Curry, welches die tamilische Kochgruppe für sich selbst angerichtet hatte und somit punkto Würze und Schärfe nicht auf CH-Essensgewohnheiten “gedowngradet” wurde. Das waren jeweils intensive Erlebnisse, eine Art kulinarisches Nirwana.

    Durch den wöchentlichen Besuch des Mittagstischs wurden wir mit Schwierigkeiten und Ängsten, aber auch mit kleinen Erfolgen von ebenfalls regelmässigen BesucherInnen tamilischer Herkunft konfrontiert. Vreni und Anita kennen die Anwesenden seit jeher bestens. Sie nehmen sich an den Donnerstagen nach dem Einkaufen und Kochen viel Zeit zum Zuhören, sie helfen in administrativen Fragen, mit Formularen, mit Versicherungen, bei Fragen zu Schule, Ausbildung und Arbeitsplatz und bei der Wohnungssuche. Asylverfahren wurden eng begleitet. Auch tamilische Immigrant*innen mit sozialen- oder Suchtproblemen fanden und finden im Kirchgemeindehaus Schosshalde am Donnerstag einen Ort zum Sein, Betreuung und Essen.

    Zusammen mit meinem Schulfreund Marcel Gerber, dem Sohn von Anita, wurde ich an tamilische Feste im KGH Schosshalde eingeladen. Eine Hochzeit ist mir in nachhaltiger Erinnerung: Farbenfroh, heiter, ausgelassen, reich befrachtet mit scharfen oder süssen Speisen und doch etwas eigenartig, weil das Paar sich ja zum ersten Mal sah, separat und eher schweigsam an einem Tisch sah, sich pausenlos ablichten liess und an der ganzen Feier gar nicht so richtig teilnahm.

    Seit 2008 ist mir der Besuch des Mittagstischs aus beruflichen Gründen nicht mehr möglich. Mit gewissen Curry-Entzugserscheinungen kämpfe ich noch heute, auch wenn ich selber mit den typischen Gewürzen experimentiert habe und die eigenen Currys über die Jahre hinweg dem Ideal aus dem Kirchgemeindehaus Schosshalde bisweilen ziemlich nahe kommen.

    Sollte sich meine berufliche Situation am Donnerstag ändern, werde ich wieder um 12h20 in der Schosshalde sein. Keine Frage. Ich werde hingehen als Freund der Idee des Mittagstischs, aus Respekt vor der Arbeit von Vreni und Anita und der ganzen Crew, aus Sympathie zur Kirchgemeinde Nydegg, um dem Kochteam zu gratulieren, aber auch aufgrund von Interesse am weiteren Gedeihen dieser Institution und somit auch aus flüchtlings-politischen Gründen - und weil das tamilische Essen, gerade jenes in der Schosshalde, einen roten Faden in meiner Biografie darstellt und aus meinem sozio-kulinarischen Alltag nicht mehr wegzudenken ist.

    Klaus Widmer --

    Klaus Widmer Grabenpromenade 1 3011 Bern

    +41 79 784 43 79

  • Anita Gerber war während vielen Jahren eine tragende Stütze des tamilischen Mittagstischs. 1985 zur Zeit der Gründung war Anita Sekretärin in der Kirchgemeinde Nydegg, im gleichen Haus gleich nebenan. Schon bald, anfangs 1986 unterstützte Anita das Projekt und wurde Teil des Teams. Ich selber war in dieser Zeit auch aktiv. Aber meine berufliche Entwicklung erlaubte mir das weitere Engagement nicht mehr. Und ich wurde nur noch gelegentlicher Profiteur und Geniesser dieser wunderbaren Einrichtung. Neben den kulinarischen Genüssen wurde der „Tamilentisch“ ein wichtiger Begegnungsort des Quartiers für Jung und Alt.

    Anita ist ihrer Aufgabe über all die Jahre treu geblieben. In aller Stille hat sie uns ihre Zeit und Aufmerksamkeit geschenkt. Und war mit ihrer feinen und liebevollen Art zu einer verlässlichen Stütze des Teams.

    Am 20. Oktober 2022 ist Anita von uns gegangen. Wir behalten ein Andenken an einen wunderbaren und engagierten Menschen.

    Text: Wale Josi

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Betreuerinnen ab 2023 von rechts: Marianne Wyss, Barbara Joss, Anna Fischli, Vreny Mohr, Helen Nussli, Barbara Vinchiaturo, Doris Schlaginhaufen, Katharina Müller, Reni Müller

Kontakt

Reni Müller
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